Ist Kultur fluide?

Ist Kultur fluide und wenn ja, für wen?

Vor einiger Zeit flatterte mir ein Demoaufruf ins Haus, in dem Menschen mit Rastafrisur/Dreadlocks aufgefordert wurden, diese bei Teilnahme zu bedecken. Man wolle damit PoC schützen, da diese durch das Tragen „ihrer“ Frisuren“ verletzt werden könnten.

Mal abgesehen davon, dass ich es problematisch finde, davon auszugehen dass sich alle PoC mit einer kleinen Minderheit mit, sagen wir mal, nicht so mehrheitsfähigem Lebensstil, identifizieren, ist das schon eine sehr willkürliche Auswahl.

Was ist mit den Leuten, die:

Kaffee oder Tee trinken

Yoga praktizieren

eine Buddhastatue in der Wohnung haben

Meerschweinchen halten

sich schminken (Lidstrich)

solariumsgebräunt sind

sich die Haare schwarz färben

geometrische Frisuren tragen

sich mit Goldketten behängen

rappen

„Ghetto“sprache benutzen

gewickelte Kleidung tragen

Pijama oder Salwar tragen

und, und, und?

Während ich dies schreibe habe ich die Vorstellung einer jungen Frau, die zu ihrem gewebten Andenjumper eine Salwar trägt, auf dem Kopf eine norwegische Fischermütze und an den Füßen ägyptische Zehensandalen, während sie einem offensichtlich bekifften Rastafari erklärt, warum er so nicht auf die Demo kann……

Verzichten diejenigen, die ihre MitstreiterInnen zur ständigen Selbstkontrolle auffordern (HP von ende-gelaende), auf den Verzehr von Döner, Pizza, Spaghetti Bolo, weil das ja auch bestimmten Minderheiten zuzuordnen ist? Kaufen sie im Bioladen nur westeuropäische Produkte (was ja gut fürs Klima wäre ; ) ), weil der Verzehr von Kurkuma und Bulgur kulturelle Aneignung ist?

Natürlich nicht.

Wir ( ja, kollektives wir, da die Mehrheit betreffend) konsumieren und integrieren Kleidung und Lebensmittel, weil wir es können.

Wir haben die Ressourcen, die Infrastruktur und schlicht das Geld um uns aus dem Riesenangebot der Welt zu bedienen. Keine ist mehr dazu gezwungen, den Lebensstil ihrer Eltern fortzuführen. Ist das Macht? Natürlich. Ist es Aneignung? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.

Mir persönlich macht zu schaffen, dass wir jede Kultur schätzen (müssen), außer unserer eigenen. Wo sind die Volkstanzgruppen, Heimatchöre, die Brauchtumsvereine? Ach ja, die sind alle RECHTS und gehören verboten. Auf der einen Seite wird also alles mies gemacht, was an die eigenen Kultur erinnert, auf der anderen ist es Aneignung sich eine neue zu suchen!?

Entweder wir sind eine Welt, mit einigen sehr globalen Problemen, oder eben nicht.

Othering, das Ab- und Ausgrenzen im Glauben, damit Personengruppen zu schützen, ist eben auch Spaltung.

Warum immer das Negative annehmen? Wenn jemand den Lebensstil der Rastafari so geil findet, dass er ihre äußeren Merkmale annimmt (und meistens ja auch ihre Gewohnheiten), dann soll er doch.

Imitation is the most sincere form of flattery, das war mal ein geflügeltes Wort. Als Kinder haben wir uns nicht als native Americans und Südseekönige verkleidet, weil wir uns über sie lustig machen wollten (im Gegensatz zu Erwachsenen?), sondern weil wir so sein wollten.

Jetzt kommt gleich einer mit „positivem Rassismus“ um die Ecke…. JA, verdammt noch mal, Stereotype existieren.

Sie bedienen Fantasien und Vorurteile. Manchmal entstehen sie auch aus Erfahrungen.

Jeder Mensch, weltweit, ist ihnen ausgesetzt. Ich weiß nicht, wie oft ich als Kartoffel, Bimbo (weil blond, it’s an english thing), Nazi, Kraut etc. bezeichnet wurde. Mir wurden Pünktlichkeit, Ordnungsliebe, Pedanterie, Engstirnigkeit und Fantasielosigkeit unterstellt. Finde ich das witzig? Teilweise, weil es echt absurd ist. Stört es mich? Das Nazi-Ding auf jeden Fall, ich weiß aber wo es herkommt und kann es entkräften. Ist es ermüdend? Ja, aber je besser mich Menschen kennen, desto weniger werden diese Sprüche.

Es liegt also auch an mir, die Kommunikation zu suchen und mich und meine Eigenheiten zu vertreten. Wenn diese Kommunikation ausbleibt regieren Angst und Vermutungen.

Anders ist es bei purer Ablehnung auf Grund von Ideologien. Wer mich als Nutte bezeichnet, weil ich offene Haare trage und mit Männern rede, der muss mit erheblichem Gegenwind rechnen. Aber um strafbewehrte Äußerungen und Verhalten geht es ja in dieser Diskussion gar nicht.

Es geht um die vorbeugende Kontrolle, um die Schaffung von Minderheiten und das Darstellen der eigenen politischen Korrektheit.

Am absurdesten ist für mich die Vorstellung, dass auch arme, und damit im Kapitalismus automatisch unterpriviligierte, weiße Menschen, besonders Frauen, Minderheiten unterdrücken können. Das ist sozusagen die Königsdisziplin der Oppression-Olympics. Und ganz schön „rassistisch“. Denn es greift nicht diejenigen an, die tatsächlich unterdrücken, sondern andere Opfer. Auf Grund eines Merkmals, das sie sich nicht ausgesucht haben.

Aber das ist ein erprobtes System der Herrschenden: Divide et impera, teile und herrsche. Solange wir, das Fußvolk, die unteren 80%, uns gegenseitig fertigmachen, ist doch alles schick. Denn wenn wir das nicht täten, dann hätten wir Zeit um genau hinzusehen. Dann würden wir merken, dass die Absicht zählt, und nicht die Gedankenlosigkeit. Dann würden wir nicht unsere eigenen Beiträge kritisch beäugen, sondern die Mitteilungen der Weltkonzerne.

Wobei sich keine der SJWs und woken Linken fragt, ob das nicht eigentlich die größte Aneignung, ja Anmaßung, von allen ist, ist das Thema Transgender.

Blackfacing ist gleichzusetzen mit Mord, genau wie misgendern, aber womanfacing, also Drag und sexualisierende Outfits, das ist voll OK?!

Weil Frauen keine Minderheit sind, weiße Frauen schon gar nicht, und ja immer! mehr Privileg haben als die armen Transfrauen.?

Das ergibt nur Sinn, wenn man tatsächlich von einem angeborenen Gehirngeschlecht ausgeht, was nun mal im krassen Widerspruch zur Wissenschaft steht und auch von jeder Frau, die nicht aussieht wie Barbie, ad absurdum geführt wird.

Ansonsten sind es Männer, die ihre Stellung als tonangebende Klasse nutzen, um mit Hilfe von Klischees (und das ist die Darstellung der meisten TransGender“frauen“) ihre autogynophil und von der Porno“kultur“ gesprägte Vorstellung von Weiblichkeit zur Norm zu erheben. Denn während frau diese Darstellung noch hinnehmen kann, ist die Forderung nach Anerkennung des rechtlichen, bisher auf Grundlage des biologischen Geschlechts bestimmten, Status, auch ohne das bisher erforderliche Prozedere (angleichende Hormone, Ops), einfach nur unzumutbar.

Hier zeigt sich der Unterschied zwischen einem echten Problem mit nicht kultureller, sondern realer, Aneignung, und den künstlichen Aufregern der SJW. Eine Frisur zu tragen, die in einer anderen Kultur begründet wurde, oder die Kleidung einer bestimmten Volksgruppe zu tragen, verletzt in der Regel eher weniger Menschen und schon gar nicht ihre Rechte.

Die biologischen Eigenschaften der Hälfte der Menschheit zu negieren und zu behaupten, dass ihre sehr realen und sehr gut belegbaren Sicherheitsbedenken und besonderen Bedürfnisse abgeschafft gehören, verletzt sehr viele und bedeutet den Verlust ihrer Rechte.

Es ist also an der Zeit, sich nicht mit Nebenwidersprüchen und anderen Albernheiten aufzuhalten, sondern sich vereint und stark für die Erhaltung der Erde und den Schutz der wirklich gefährdeten Menschen auf ihr einzusetzen.

Die Welt ist kleiner geworden, durch Internet und Handel, durch Arbeitsmigration und Flüchtlinge. Es wäre schlau sich damit zu arrangieren, denn sie wird weiter kleiner werden, durch Naturkatastrophen und Kriege. Um so wichtiger ist es, nicht durch künstliche Spaltung Chaos zu erzeugen, sondern einfach Menschen sein zu lassen, solange sie nicht andere schädigen. Wenn sie das aber tun, dann vereint und mit aller Entschiedenheit dagegen vorzugehen.

Kultur und alles, was sie ausmacht, ist immer im Werden. Sie verändert sich mit den Menschen und ihren Bewegungen. Was statisch ist sind Biologie und materielle Realität.

Sie sollten wir als Fixpunkte nehmen, damit wir nicht den Halt verlieren.